Schul- und Integrationsbegleiter
Integrität und Schulbegleitung
Das Gelingen der schulischen Integration und die Zukunft der Kontakte zwischen Menschen mit und ohne Behinderung hängt in hohem Maße nicht nur von der Schule ab, sondern auch von der individuellen Hilfe im Alltag, wie z. B. Schulbegleitung. Ihre Erfahrungen hängen von der Kenntnis der Entwicklungsbedürfnisse des Kindes ab, von der Anpassung der Inhalte und Methoden der Schule.
Ob Kinder mit Behinderungen viele Misserfolge erleben und sich in der Folge zurückziehen und soziale Kontakte meiden oder umgekehrt - sie lernen zu lernen, zu kommunizieren und richtige Beziehungen zur Umwelt aufzubauen - hängt vom angenommenen Wertesystem und der Beziehungskultur ab. Die selben Faktoren werden bestimmen, ob nichtbehinderte Kinder das Bedürfnis und die Fähigkeit entwickeln, ihre Gedanken und Erfahrungen einander mitzuteilen, die Fähigkeit und Bereitschaft, sie zu fühlen und zu verstehen, eine befreiende Haltung der Toleranz oder ob sich eine Haltung der Feinseligkeit und Ablehnung bildet.
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Die Erziehung zur Akzeptanz von Menschen mit Behinderungen, die Gewährung gleicher Bildungs-, Sozial-, und Existenzrechte, erfordert die aktive Beteiligung vieler Gemeinschaften, aber die wichtigste Rolle in diesem Prozess sollte der Schule zugeschrieben werden. In der Schule oder im Kindergarten schon soll das Kind von frühester Kindheit an Toleranz, Solidarität und Achtung vor der Würde eines Menschen lernen.
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Die Hauptidee besteht darin, behinderten Schülern gleiche Entwicklungschancen durch Unterstützung zu bieten.
Was genau ist eine Schulbegleitung?
Bei Schulbegleitungen handelt es sich um Personen, die Schülerinnen und Schüler mit einer Behinderung bei der Bewältigung des Schulalltags unterstützen.
Schulbegleitungen unterstützen nicht nur im Unterricht, sondern häufig auch auf dem Schulweg, vor Schulbeginn, in den Pausen, bei Schulveranstaltungen und auf Klassenfahrten.
Welche Aufgaben kann eine Schulbegleitung übernehmen
Organisation des Arbeitsplatzes für die Schülerin/den Schüler
Bereitlegen der notwendigen Unterrichtsmaterialien, Wiederholung von Arbeitsanweisungen
Kontrolle und Einflussnahme auf das Verhalten des Schülers/der Schülerin
Ermutigung, Motivation, Auffangen bei Verweigerungshaltung, Überforderungssituationen erkennen und entgegenwirken
Strukturierung von freien Unterrichtssituationen, Unterstützung
bei Gruppenarbeiten, kleinschrittige Strukturierung von offenen
Lernangeboten
Ruhephasen ermöglichen und beaufsichtigen, Vermeidung von
Fremd- und Selbstgefährdung durch engmaschige Beaufsichtigung, emotionale Stabilisierung
Motorische und feinmotorische Unterstützung
Verfahrensablauf und Rechtsgrundlage
Rechtsgrundlage:
§ 35a Sozialgesetzbuch Achtes Buch (SGB VIII)
Zuständige Stelle:
Das örtliche Jugendamt
Voraussetzungen der Eingliederungshilfe vom Jugendamt
Die Eingliederungshilfe gemäß § 35a SGB VIII, sog. 35a-Hilfe, erhalten Kinder, Jugendliche und junge Volljährige unter folgenden drei Voraussetzungen:
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Abweichung der seelischen Gesundheit von dem für ihr Lebensalter typischen Zustand
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mit hoher Wahrscheinlichkeit länger als 6 Monate
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dadurch verursachte Beeinträchtigung oder drohende Beeinträchtigung der Teilhabe am Leben in der Gesellschaft
Die Abweichung der seelischen Gesundheit und ihre voraussichtliche Dauer muss mit einer fachlichen Stellungnahme (siehe unten) nachgewiesen werden. Die Beeinträchtigung oder drohende Beeinträchtigung der Teilhabe muss das Jugendamt selbst feststellen.
Auf die Leistungen besteht bis zum 21. Geburtstag ein Rechtsanspruch, das heißt, wenn die Voraussetzungen vorliegen, muss die Leistung auch bewilligt werden. Geschieht das nicht, kann der Anspruch eingeklagt werden.
Für junge Volljährige bis zum 21. Geburtstag müssen allerdings zusätzlich die Voraussetzungen der Hilfe für junge Volljährige vorliegen. Liegen diese nicht oder nicht mehr vor, ist statt des Jugendamts der Träger der Eingliederungshilfe nach dem SGB IX zuständig. Seit Juni 2021 hat das Jugendamt die Pflicht, für einen nahtlosen Übergang bei diesem Zuständigkeitswechsel zu sorgen.
Vom 21. bis zum 27. Geburtstag soll in begründeten Einzelfällen das Jugendamt die Leistungen weiterfinanzieren.
Abweichungen der seelischen Gesundheit sind z.B.:
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Autismus-Spektrum-Störungen (inklusive Asperger-Syndrom)
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ADHS
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Teilleistungsstörungen (Lagasthenie, Dyskalkulie)
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Angststörungen (Phobien, Zwänge, Trennungsangst, Schulangst usw.)
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Depressionen und Manien
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Psychosen (insbesondere Schizophrenie)
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Persönlichkeitsstörungen
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Suchterkrankungen (insbesondere Alkoholabhängigkeit, Drogenabhängigkeit)
Fachliche Stellungnahme zur Abweichung des seelischen Gesundheitszustands
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Die Abweichung des seelischen Gesundheitszustands wird von Fachkräften der folgenden Berufsgruppen festgestellt:
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Ärzte für Kinder- und Jugendpsychiatrie und -psychotherapie
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Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeuten
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Psychotherapeuten mit einer Weiterbildung für die Behandlung von Kindern und Jugendlichen
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Ärzte oder psychologische Psychotherapeuten, die über besondere Erfahrungen auf dem Gebiet seelischer Störungen bei Kindern und Jugendlichen verfügen
Das Jugendamt muss deshalb, wenn Leistungen nach § 35a SGB VIII in Betracht kommen oder beantragt wurden, immer eine Stellungnahme einer solchen Fachkraft einholen. Oft tun sie das, indem sie die Eltern auffordern, die Stellungnahme zu besorgen.
Wenn Eltern die fachliche Stellungnahme einholen, müssen sie beachten:
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Die Stellungnahme wird nur akzeptiert, wenn sie von einer der oben genannten Fachkräfte stammt.
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In der Stellungnahme müssen alle festgestellten seelischen Abweichungen mit medizinischen Diagnosen nach der ICD-10 mit den dazugehörigen Diagnosecodes angegeben sein. Die ICD-10 ist das Diagnosehandbuch, das medizinische Fachkräfte auch für die Abrechnung mit den Krankenkassen verwenden.
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Wenn nur eine Hauptdiagnose angegeben wird, kann es sein, dass das Jugendamt wegen angeblich fehlender sekundärer Neurotisierung den Antrag auf Eingliederungshilfe ablehnt, weshalb auch alle Nebendiagnosen aufgeführt sein müssen.
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In der Stellungnahme sollte auch stehen, dass keine körperlichen oder geistigen Beeinträchtigungen die Eingliederungshilfe nötig machen, damit klar ist, dass das Jugendamt zuständig ist, besonders bei einer Autismus-Diagnose.
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Die fachliche Stellungnahme soll eigentlich nur die medizinisch/psychologische Seite betreffen, während das Jugendamt die Teilhabebeeinträchtigung selbst feststellen muss. In der Praxis ist es aber sehr sinnvoll, wenn darin auch schon etwas zur Teilhabebeeinträchtigung steht. Das erhöht die Wahrscheinlichkeit, dass der Antrag auf Eingliederungshilfe bewilligt wird.